Quelle: Kreiszeitung vom 28.2.22 (Cord Krüger)

Handball-Oberligist HSG Hunte-Aue Löwen verlor am Freitagabend sein Heimspiel gegen die HSG Delmenhorst mit 25:29 (11:16), zeigte dabei im zweiten Durchgang eine starke Aufholjagd. Doch der Fünf-Tore-Rückstand zur Pause erwies sich laut Trainer Thiemann als „zu schwere Hypothek“.

Diepholz – Marko Pernar nahm Maß, setzte zu seinem zehnten Treffer an – doch die Abwehr der HSG Delmenhorst hatte etwas dagegen. Gegen sein Äußeres. Mit ihrer lautstarken Beschwerde über Pernars geflickten Trikot-Fetzen kamen die Gäste bei den Schiris durch. Der am Freitagabend herausragende Handballer der HSG Hunte-Aue Löwen musste runter und das mit Klebestreifen gerichtete Shirt wechseln, der verletzte Silas Steinke warf ihm sein Jersey von der Tribüne der Diepholzer Mühlenkamphalle runter – eine ungewollte Auszeit in Minute 49, die Konzentration kostete.

„Das ist so ärgerlich“, fand Löwen-Rechtsaußen Kevin Heemann: „Gerade, als wir mit mehr Tempo spielen wollten und Marko vor dem 21:22 war, wird da abgepfiffen.“ Pernar gelang zwar noch jener Anschluss (51.), doch die Szene zeigte, dass sich in diesem Oberliga-Derby die cleverere Mannschaft durchsetzte. Ihr 29:25 (16:11)-Sieg resultierte zudem daraus, dass „wir in den letzten fünf, sechs Minuten zu viel verworfen haben“, urteilte Jan Linné. Der Linkshänder erinnerte sich darüber hinaus an zu viele technische Fehler vor der Pause. „Und 16 Gegentore in der ersten Halbzeit sind einfach zu viel“, gestand Heemann.

HSG Hunte-Aue Löwen – HSG Delmenhorst 25:29 (11:16)

Löwen: Kowalski (1. Hz.), Hohnstedt (2. Hz.) – Beljic, Varela, Wilkens, Pishchukhin (4), Lengauer, Linné (1), Pernar (10/3), Quader (3), Abram (2), Wiese, K. Heemann (4), Wulf (1). Siebenmeter: Löwen 3/3, Delmenhorst 6/4; Zeitstrafen: Löwen 4, Delmenhorst 4; Schiedsrichter: Torsten Gorn und Maximilian Holz (TuS Empelde), insgesamt souveräne Spielleitung, jedoch drei fragwürdige Siebenmeter zugunsten der Gäste. Zuschauer: 160.

Auch sein Trainer Heiner Thiemann bezeichnete diesen Fünf-Tore-Rückstand „als zu große Hypothek: Unser Umschaltspiel von Deckung auf Angriff hat so nicht geklappt. Mit der zweiten Halbzeit bin ich zufriedener. Da stimmte die Einstellung.“

„Man hat gesehen, dass wir kämpfen können“

Ähnlich sah es Kapitän Cedric Quader, der eine Viertelstunde vor Schluss erneut auf seine lädierte rechte Schulter krachte: „Man hat gesehen, dass wir kämpfen können. Aber 23 Fehlversuche in einem Spiel gehen gar nicht. Ich selbst habe, glaube ich, noch nie so viel verworfen.“

Spieler des Spiels: Marko Pernar

Alphatier im Löwenrudel: Der Rückraummann warf zehn Tore, rieb sich gegen die Deckung auf, bis die (Trikot-)Fetzen flogen, dirigierte gut und bewahrte in der hektischen Schlussphase die nötige Ruhe.

Immerhin sorgte der Kreisläufer für die einzige Führung – zum 2:1 (5.). Hätte Peter Kowalski im Löwen-Tor bis dahin nicht schon drei Paraden gezeigt, wäre selbst das kaum drin gewesen. Dafür fehlte es dem Tabellenzehnten an Durchschlagskraft im Rückraum und einfachen Toren von außen (was allerdings oft am bärenstarken Delmenhorster Keeper Sönke Schröder lag). Zudem luden unpräzise Pässe die Gäste zu diversen Tempogegenstößen ein. Einer davon bedeutete die erste Zwei-Tore-Führung für das Team von Trainer Jörg Rademacher – durch Tim Coors ins leere Tor zum 7:5 (15.). „Und nach dem 6:8 haben wir unsere Linie verloren“, monierte Thiemann. Hätte Pernar nicht so viel Verantwortung übernommen und bis zur Halbzeit sechsmal genetzt, wäre die Partie früher entschieden gewesen.

Nach der Pause schien allerdings alles angerichtet für eine erfolgreiche Aufholjagd: Pernar markierte das 12:16, der neu ins Tor gekommene Frederik Hohnstedt kaufte gleich in seiner ersten Aktion Frederic Oetken einen Siebenmeter ab (32.), Pernar versenkte den daraus folgenden Gegenstoß zum 13:16, und die Gastgeber arbeiteten sich mit breiterer Brust über 15:18 durch Quader (39.) sowie Heemanns 19:21 (43.) zurück. Als Hohnstedt beim 20:21 erneut gegen Siebenmeterschütze Oetken siegte (46.), „dachte ich, wir hätten es im Griff“, schilderte Heemann. „Da waren wir wieder im Geschäft“, bestätigte Thiemann.

Doch Hohnstedts insgesamt sechs Paraden und eine deutlich brachialere Deckung seiner Vorderleute nutzten nichts – denn nun spielte der Tabellenvierte seine Routine aus: „Zum Schluss hat Delmenhorst das klug gemacht und die älteren Spieler reingeworfen“, erklärte Linné. Das hatte Folgen: Hier das Mosern gegen das von Pernar sicherlich nicht selbst zerrissene Trikot, dort ein verletzter Liegenbleiber nach dem 24:22 zum Unterbinden eines schnellen Löwen-Anwurfs – das nervte die abstiegsbedrohte HSG. Nach Tim Brauners Doppelschlag zum 26:23 (56.) und 27:23 (57.) war die Partie entschieden. Trotzdem hoffte Linné hinterher, dass seine Kollegen und er im nächsten Spiel am Freitag zu Hause gegen Schwanewede auf dieser zweiten Hälfte aufbauen: „Für den Kopf war diese Halbzeit nach unserer hohen Niederlage in Altjührden auf jeden Fall besser.“