Quelle: Kreiszeitung vom 6.3.23 ( Malte Rehnert)

Was für ein fettes Ausrufezeichen im Meisterkampf der Handball-Oberliga! Die HSG Hunte-Aue Löwen triumphierte im absoluten Spitzenspiel mit 33:24 gegen die SG Friedrichsfehn/Petersfehn und verdrängte den Spitzenreiter von Platz eins. Wie der klare Erfolg zustandekam, wie die Löwinnen reagierten, welche Spielerin herausragte und wie es um die Aufstiegsträume steht – jetzt alles hier!

Diepholz – Als die Arbeit auf bravouröse Art und Weise getan war, kam der große Hunger – und passenderweise auch direkt der Stapel mit den Pizza-Kartons. Ziemlich ausgepowert, aber extrem glücklich und zufrieden saßen die Spielerinnen der HSG Hunte-Aue Löwen auf dem Boden der kurz zuvor noch tobenden Diepholzer Mühlenkamphalle und ließen sich ihr Belohnungs-Mahl schmecken. Das Lächeln auf allen Lippen hatte nicht nur mit dem offenbar leckeren Essen zu tun, sondern vor allem mit dem eigenen Auftritt im absoluten Topspiel der Handball-Oberliga. Die Löwinnen, bis dato Zweiter, triumphierten vor etwa 500 Zuschauern überraschend deutlich mit 33:24 (17:16) gegen Tabellenführer SG Friedrichsfehn/Petersfehn. Durch die Gala sitzt die HSG nun wieder selbst auf dem Thron – wegen des besseren Torverhältnisses gegenüber „FriPe“ (beide 28:8 Punkte). Der hochspannende Meister-Dreikampf, bei dem weiter auch der TV Oyten mitmischt (trotz des 26:29 gegen Neuenhaus und nun drei Punkten Rückstand), spitzt sich zu.

Die Löwinnen bald in der 3. Liga? Rein sportlich sieht es aktuell blendend aus. Und die Spielerinnen gaben nach dem Ausrufezeichen der kürzlich gekürten „Mannschaft des Jahres“ – zumindest ein bisschen – ihre Zurückhaltung auf. „Ich hätte auf jeden Fall Bock darauf – aber nur, wenn die ganze Mannschaft mitzieht“, meinte etwa die starke Torhüterin Jessica Michel. Und Kim Klostermann, die mit insgesamt elf Treffern und entschlossener Abwehrarbeit aus einem vorzüglichen Kollektiv herausragte, fügte an: „Mal in der 3. Liga zu spielen – davon träumt doch jeder.“

Allerdings müssten dafür erhebliche wirtschaftliche, personelle und organisatorische Anstrengungen unternommen werden. Ob die HSG diese Risiken im Fall der Fälle eingehen würde, ist noch offen. Gespräche – auch mit den Spielerinnen – stehen noch aus. Ulrich Preen, der Sportliche Leiter, klang nach der Eroberung der Tabellenführung eher skeptisch: „Meiner Auffassung nach ist es noch zu früh für uns. Alle Voraussetzungen so schnell zu schaffen, ist nicht einfach.“ Auch Trainer Klaus Klostermann weiß, dass da „mehr als eine sportliche Entscheidung“ auf den Verein wartet: „Da geht es ja schon fast in den Profibereich.“ Das müsse alles leistbar sein.

Lieber konzentrieren sich Klostermann und seine Trainerpartnerin Medea Mosel momentan auf die Leistungen ihrer Mannschaft – und die sind klasse. Vor allem gegen „FriPe“. Die Löwinnen lagen nach dem 8:8 (15.) ständig in Führung, obwohl sie vor der Pause ein wenig den Spielwitz vermissen ließen – und der zwischenzeitliche Sechs-Tore-Vorsprung (16:10/25.) am Ende des Durchgangs auf einen Treffer zusammenschmolz. Auch, weil die Gäste da ihre stärkste Phase hatten. „Da waren wir hinten wie ein Sieb, da kam zu viel durch“, monierte Mosel.

Reaktionen – Torhüterin Jessica Michel staunt: „Was ist das denn?!“

Klaus Klostermann (Löwen-Trainer): „Dass es so klar wird, war nicht zu erwarten. Was mich tierisch freut: Dass diejenigen, die sonst nicht so viele Spielanteile haben, einen richtig guten Job gemacht haben – Julia Bahr zum Beispiel auf der Außenposition. Und dann wirft unsere A-Jugendliche Elis Kambacheva noch unser letztes Tor.“

Medea Mosel (Löwen-Trainerin/zum Thema Meisterschaft): „Wir haben noch ziemlich heftige Auswärtsspiele – in Hude, Neuenhaus oder Dinklage. Wir bläuen der Mannschaft immer ein, dass das nächste Spiel unser wichtigstes ist.“

Elias Wührmann (Trainer „FriPe“): „Wir haben uns von der Halle zu sehr mitnehmen lassen, hatten keine Ruhe – und keine Lösungen im Angriff. Die Löwinnen waren in der zweiten Halbzeit brutal stark. Wenn wir in einer Hälfte nur acht Tore werfen, brauchen wir nicht über einen Meister-Dreikampf zu reden.“

Jessica Michel (Löwen-Torhüterin): „Die Anzeigetafel war in der zweiten Halbzeit hinter mir. Als ich zwischendurch mal draufguckte und sah, dass wir mit zehn Toren führen, dachte ich: Was ist das denn . . .?!“

Lina Witte (Löwen-Rückraumspielerin): „Ich kann‘s noch gar nicht glauben. Die Kulisse war einfach super. Und jetzt machen wir uns einen schönen Abend.“ mr/fat

Doch nach einer Halbzeitansprache bauten die Löwinnen in der Deckung „die Wand“ (Mosel) auf, „FriPe“ wirkte geradezu verzweifelt und prallte mit seinen uninspirierten Angriffsversuchen andauernd ab an diesem Bollwerk. Tor um Tor zogen die Gastgeberinnen davon.

Kurz vor dem Ende der nächste Nackenschlag für die Gäste aus dem Ammerland, bei denen Lea Sophie Schwarze die meisten Tore warf (8): Jannika Schulze zog sich beim letzten Treffer der Partie eine wohl schwere Knieverletzung zu, schrie vor Schmerzen und musste auf einem Mattenwagen rausgeschoben werden. „Wir wünschen ihr alles Gute“, betonte Klaus Klostermann.

Die plötzliche Stille in der voll besetzten Halle war kurz darauf aber wieder vorbei. Nach dem Abpfiff feierten die Fans ihre Löwinnen, die wild im Kreis tanzten und sangen: „Spitzenreiter, Spitzenreiter – hey, hey!“

Spielerin des Spiels: Kim Klostermann

Diepholz – Die vielen Komplimente schienen Kim Klostermann von der HSG Hunte-Aue Löwen fast ein bisschen unangenehm zu sein. „Saustark“, lobte Nils Mosel, früherer Rechtsaußen der ersten Herren, und klopfte der Rückraumspielerin des Handball-Oberligisten anerkennend auf die Schulter. Und Trainerin Medea Mosel antwortete auf die Frage, was beim 33:24-Triumph im Spitzenspiel gegen die SG Friedrichsfehn/Petersfehn entscheidend gewesen war: „Die Abwehrleistung von Kim. Und vorne hat sie auch noch wichtige Tore gemacht.“ Elf Stück, um genau zu sein. Sie traf wuchtig aus dem Rückraum und verwandelte alle sieben Siebenmeter traumwandlerisch sicher. „Da habe ich im richtigen Moment die Nerven behalten“, meinte Klostermann. Der Sieg, die Tabellenführung, die tolle Stimmung in der Halle: „Da fehlen mir die Worte“, sagte sie: „Das ist ein überragendes Gefühl.“ Es mache „einfach Bock, in diesem Team zu spielen“. mr

Stenogramm

Oberliga Frauen: HSG Hunte-Aue Löwen – SG Friedrichsfehn/Petersfehn 33:24 (17:16) – Löwen: Michel, Winkler (ab 56.) – Matos Ferreira, Oehlmann (3), Bahr (4), Gläser (4), L. Witte (3), Scheper, K. Witte (5/1), Hillmer (2), Meyer, Klostermann (11/7), Kambacheva (1). Siebenmeter: Löwen 9/8, „FriPe“ 3/2; Zeitstrafen: Löwen 5, „FriPe“ 5; Bes. Vorkommnis: Rote Karte für Kampers („FriPe“) nach dritter Zeitstrafe (47.); Schiedsrichter: Thoralf Becker/Elke Schumacher (TS Hoykenkamp/Elsflether TB).