Quelle: Kreiszeitung vom 30.5.22

Die Enttäsuchung ist riesig: Die HSG Hunte-Aue Löwen steigt nach der 26:29-Niederlage gegen den TuS Haren aus der Handball-Oberliga ab – und Heiner Thiemann macht als Trainer Schluss.

Haren – Wie ein Häufchen Elend kauerte Kevin Heemann auf der Bordsteinkante und knabberte gedankenverloren an einem Stück Pizza. Der kräftigende Snack dürfte ihm nach einer riesigen Enttäuschung nicht allzu gut geschmeckt haben. Der Bitte um ein kurzes Statement kam der Rechtsaußen vor der Halle des TuS Haren im Emsland trotzdem nach, obwohl ihm ganz offensichtlich nicht nach reden zumute war. „Eine Katastrophe“, stöhnte Heemann, „sich nach 20 Jahren so zu verabschieden. Ich finde noch gar keine richtigen Worte dafür.“ Seinen Teamkollegen von der HSG Hunte-Aue Löwen ging es ähnlich. „Der Verein gehört doch in die Oberliga. Es fühlt sich beschissen an“, sagte Julian Wilkens. Die Löwen hatten das entscheidende Handball-Spiel vergeigt, verloren am Samstagabend ihre letzte Partie der Saison mit 26:29 (13:12) und steigen aus der Ober- in die Verbandsliga ab.

Es ist das Ende einer Ära – und zwar im doppelten Sinn. „Fast 40 Jahre in der Oberliga oder höher – das ist nun vorbei“, haderte HSG-Geschäftsführer Lasse Thiemann, der zuvor auf der Tribüne mit seiner Tröte einen Höllenlärm gemacht hatte. „Und für eine Person tut es mir besonders leid“, ergänzte er: „Nicht, weil wir verwandt sind, sondern weil er das hier aufgebaut und die Mannschaft damals in die Oberliga geführt hat. Nun so einen Abschluss für ihn zu erleben, tut einfach weh.“

Trainer Thiemann sitzt nach dem Abstieg in leerer Kabine

Gemeint ist natürlich sein Vater Heiner Thiemann, der seine Trainerkarriere eigentlich schon beendet hatte und dann vor etwa zweieinhalb Jahren doch wieder einsprang. Doch nun, das stellte der 70-Jährige klar, ist definitiv Schluss. Als Coach werde man ihn nicht mehr am Spielfeldrand sehen, „aber ich werde dem Handball weiter verbunden bleiben“, sagte Thiemann. Er saß in einer leeren Kabine, von nebenan drangen Jubelschreie und Trommelschläge der feiernden Harener herüber. Thiemann will sich nun unter anderem mit darum kümmern, wer sein Nachfolger wird. „Da sind wir schon auf einem guten Weg“, verriet er. Namen nannte er noch nicht – wohl aber, dass eine interne Lösung favorisiert wird.

Der Abstieg wird „das Gesicht der HSG“ getroffen haben, keine Frage. Doch Thiemann ließ sich trotz mehrerer Nachfragen nicht zu einem emotionalen Ausbruch hinreißen: „Vor zehn Jahren hätte ich vielleicht noch gedacht: Oh, oh, oh! Aber jetzt werde ich da nicht mehr sentimental. Wir sind abgestiegen und müssen nun eine neue Mannschaft aufbauen.“

Als Trainer höre ich auf jeden Fall auf. Ich möchte das nicht machen, bis ich 80 bin.

Heiner Thiemann (70), scheidender Coach der Hunte-Aue Löwen

Mehrere Leistungsträger wie Heemann werden das Team verlassen, ein großer Umbruch ist nötig und wird auch forciert. „Ich denke, dass wir in der kommenden Saison eine gute Mannschaft für die Verbandsliga stellen“, zeigte sich Lasse Thiemann optimistisch. Der Fokus liege auf der Jugend.

Spieler des Spiels: Stefan Sträche

Mit neun Toren bester Schütze der Partie – und in der heißen Phase besonders treffsicher für Haren.

Das aktuelle Team hat in Haren eine dicke Chance zur Rettung verpasst. Besonders bitter: Ein Sieg hätte zum sicheren Klassenerhalt gereicht, weil Schwanewede zeitgleich gegen Beckdorf verlor (24:25) – und Hatten kurz darauf gegen Spitzenreiter Nienburg (27:34). Wegen des verlorenen direkten Vergleichs, der bei Punktgleichheit zählt, rutschen die Löwen in der Endabrechnung hinter Schwanewede auf einen Abstiegsrang.

„Kleiderschrank“ sorgt für Probleme

Das bisherige Schlusslicht Haren dagegen kann nun plötzlich mit einem weiteren Sieg in den verbleibenden zwei Partien die Oberliga halten. „Schade für die Löwen, aber für uns hätte es nicht besser laufen können“, resümierte der deutlich über zwei Meter große Kreisläufer-„Kleiderschrank“ Martin Giesen (sechs Tore), der die Löwen in der zweiten Halbzeit mit seiner körperlichen Urgewalt vor immense Probleme gestellt hatte. Sprach’s und ging feiern – am Abend wollte die Harener Mannschaft noch das örtliche Schützenfest unsicher machen.

Handball-Oberliga: TuS Haren – HSG Hunte-Aue Löwen 29:26 (12:13)

Hunte-Aue Löwen: Kowalski, Biras – Beljic (1), Varela (1), Wilkens (2), Steinke, Lengauer, Linne (4), Uffenbrink, Pernar (8/5), Lenkevicius, Wulf (1), K. Heemann (9). Zeitstrafen: Haren 4, Löwen 2; Siebenmeter: Haren 3/3, Löwen 5/5; Schiedsrichter: Georg Hesselbarth/Stefan Schminke (Sellstedt/Walle) – keine richtig klare Linie, aber auf beiden Seiten. Zuschauer: 150.