Quelle: Kreiszeitung vom 22.2.22

Diepholz – Wenn ihm mal wieder die Zeit im Nacken saß, kam Frederik Hohnstedt ins Grübeln. Vier Abende pro Woche ab 18.30 Uhr Training mit den HSG Hunte-Aue Löwen – doch der kaufmännische Angestellte hatte dann längst nicht immer Feierabend. Oder er war erst auf dem Rückweg von einem Kundentermin. „Dann musste ich mich oft melden und sagen: ,Sorry, Leute, ich schaff’s heute nicht.‘ Und wenn ein Torwart weniger dabei ist, ist das blöd für die ganze Mannschaft.“ Kein Zustand mehr für den ehrgeizigen Handballer: „Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent.“ Also teilte der Keeper seinen Teamkollegen mit, dass er beim Oberligisten am Saisonende aussteigt. Zeitgleich verkündete auch Linkshänder Jan Linné seinen Abschied im Sommer. „Nach 22 Jahren in diesem Sport will ich herausfinden, wie sich Freizeit ohne Handball anfühlt“, erklärt Linné: „Vielleicht vermisse ich das Ganze aber und fange wieder an. Ganz abschreiben will ich mich jedenfalls nicht.“

Torhüter Hohnstedt prüft erste Angebote

Hohnstedt hingegen möchte weitermachen, hat aber noch keinen neuen Club. „Ich wollte es nur frühzeitig kommunizieren. Und die Jungs sollten wissen, dass es nichts mit ihnen zu tun hat. Aber ich habe gemerkt, dass ich meinen eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werde“, erklärt der 27-Jährige, der fast sein ganzes Sportlerleben für die HSG spielt – unterbrochen nur durch seine Ausbildung und ein Engagement beim dortigen HC Bad Oeynhausen. 2013 kehrte „Freddy“ zurück, stieg später mit der zweiten Mannschaft in die Verbandsliga auf und hält seit Sommer 2017 für die Erste. Doch die „Stagnation“ der letzten Jahre mit regelmäßigem Abstiegskampf warf im Barnstorfer die Frage auf, ob sich der Aufwand noch lohne. „Jetzt will ich mich auf jeden Fall mit dem Klassenerhalt verabschieden. Dafür hänge ich zu sehr an der HSG.“ Anfragen für die Zeit danach gebe es von Clubs aus dem Oldenburger Münsterland – nicht zu weit weg und zeitlich entspannter: zwei- bis dreimal pro Woche Training, zudem später am Abend. Auch mit einer Rolle als „Back-up oder Standby-Keeper“ könne er leben. Ein Angebot, dass ihm sein Trainer Heiner Thiemann nicht unterbreitete, „und ich kann ihn da auch verstehen“.

Der HSG-Coach bestätigt, dass es für Versprechungen keinen Spielraum gegeben habe. So erinnert der Coach an den zurzeit verletzten Donatas Biras, mit dem er aber weiter im HSG-Gehäuse plane. Und ob der 19-jährige Medizinstudent Peter Kowalski der Region beruflich und sportlich erhalten bleibe, „steht auch nicht fest“, verdeutlicht der 70-Jährige. Auf „Back-up“ Hohnstedt wäre also womöglich bald die vorherige Belastung zugekommen.

Lengauer und Wiese verlängern

„Schade, dass Freddy und Jan gehen“, bedauert Kapitän Cedric Quader. Der Kreisläufer will zum Ende dieser Serie zwar ebenfalls aufhören, egal ist dem 30-Jährigen die Zeit danach jedoch nicht, wie er herausstellt. „Aber das Team wird nicht auseinanderfallen, dafür ist der Zusammenhalt super. Und den einen oder anderen Abgang gibt es immer und überall.“ Darüber hinaus erinnert Quader an die Verlängerungen mit Dennis Wulf, Patryk Abram und Julian Wilkens (wir berichteten) sowie die Zusagen der Rückraumspieler Luis Lengauer (21 Jahre) und Max Wiese (19) für ein weiteres Jahr. „Die zwei müssen wir noch ein bisschen schleifen, aber ihnen gehört die Zukunft.“

Linkshänder Linné nimmt Auszeit

Linné hingegen plant seine Zukunft neu. Zumindest vorerst. „Jan hat in dieser langen Phase der Corona-Pandemie viel nachgedacht“, sagt Thiemann. Der 27-Jährige, der im halbrechten Rückraum oder als Rechtsaußen stetig für Tore sorgte, konkretisiert es: „Selbst in der Pandemie hatte man Tag um Tag an Handball im Kopf, hat allein zu Hause oder online trainiert – aber wir sind immer wieder ausgebremst worden. In den Vorbereitungen und sogar jetzt noch“, erinnert er an die verlegten Partien. „Es ist schwierig. Ich brauche einfach mal eine Auszeit.“ Ein Rückzug auf Raten „mit nur einer oder zwei Trainingseinheiten pro Woche wäre unfair gegenüber den anderen Jungs gewesen. Darum habe ich den klaren Schnitt gewählt.“ Aber vielleicht fange ich irgendwann wieder an.“

Es wäre Linnés zweite Rückkehr nach 2017, als der Diepholzer seine vier Jahre bei der LiT Nordhemmern-Mindenerwald, beim TuS N-Lübbecke und beim TuS Nettelstedt II beendete.