Quelle: Kreiszeitung vom 9.5.22

Lange geführt – und dann bei Spitzenreiter Delmenhorst verloren

Delmenhorst – Der letzte Teil seiner Demonstration an brachialer Wurfgewalt schlug 28 Sekunden vor Schluss oben links im Winkel ein. Es war der elfte Treffer von Thies Hermann, der am Samstagabend in der Delmenhorster Stadionhalle den Unterschied ausmachte. Viele Fehlversuche hatte der erst 21-jährige Rückraummann der HSG Delmenhorst nicht – obwohl Donatas Biras im Tor der HSG Hunte-Aue Löwen stark hielt und seine Kollegen besonders vor der Pause kompromisslos in der Deckung dazwischen gingen. „Wir haben in der Abwehr gut gespielt“, fand auch Löwen-Trainer Heiner Thiemann. „Aber die Nummern 22 und 14 waren nicht zu stoppen“, lobte er nach der 25:30 (17:14)-Niederlage Hermann (Nummer 22) und Ex-Profi Tim Coors, der siebenmal zuschlug. Während sich die Delmenhorster damit zurück auf Platz eins der Oberliga ballerten, stecken die Löwen als Zehnter weiter im Abstiegskampf.

Lengauer: „Haben uns geil präsentiert“

„Aber wenn wir diese Leistung auch in den jetzt letzten beiden Spielen zeigen, sehe ich gute Chancen, dass wir die Saison vernünftig zu Ende bringen“, meinte Luis Lengauer, der drei schöne Tore warf und hinten einiges entschärfte: „Ich bin stolz auf die Mannschaft. Wir haben uns jetzt gegen zwei Mannschaften von oben richtig geil präsentiert.“ Auch Thiemann erkannte nach dem 26:26 aus der Vorwoche gegen den Vierten Oldenburg „wieder einen Schritt in die richtige Richtung“.

Löwen-Kapitän Quader: „Delmenhorst hat überragend geschossen“

Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack angesichts der verpassten Big Points. Seit der sechsten Minute hatten die Gäste vorn gelegen – bis zu Hermanns 23:22 in Minute 52. Ein Wirkungstreffer für den Underdog, dem nun sichtlich die Körner ausgingen. „In der zweiten Halbzeit hat uns die Kraft gefehlt, während Delmenhorst aus dem Rückraum überragend geschossen hat“, bilanzierte Kapitän Cedric Quader, der mit seinem straff verbundenen Bänderriss im linken Knöchel fast durchspielte.

Trainer Thiemann lobt Abram, Linné und Heemann

Nach einem Auftakt-Rückstand hatten Lengauer zum 2:2 (5.) und Kevin Heemann mit dem ersten seiner vier Treffer (3:2/6.) für die erste Löwen-Führung gesorgt. Patryk Abram traf zum 4:3 und 6:4 (10.), Jan Linné (mit sieben Toren gefährlichster Löwe) gar zum 7:4 (13.) und 9:5 (15.). „Jan, Kevin und Patryk haben heute gut geworfen“, lobte Thiemann das Trio, das für den diesmal „nur“ dreimal erfolgreichen Oberliga-Topshooter Marko Pernar in die Bresche sprang.

Spieler des Spiels: Thies Hermann

Elf Tore geworfen, in der Deckung eine Waffe: Der erst 21-jährige Delmenhorster Rückraum-Schrank dürfte mit dieser Qualität nicht ewig in der Oberliga bleiben.

Der Tabellenzehnte ließ nicht abreißen – und fand die Antworten auf Treffer des Gegners: Lengauer (10:7) und Heemann (13:9) warfen ins leere Tor und brachten Delmenhorsts Trainer Jörg Rademacher von seiner Taktik ab, mit sieben Feldspielern zu agieren. Nach Abrams 17:12 (29.) bahnte sich ein böser Abend für die Hausherren an, doch zwei Gegentore sorgten für ein 17:14 zur Pause. „Vielleicht hätte die Halbzeitführung ein, zwei Tore höher sein müssen“, trauerte Thiemann dieser Phase hinterher.

Auch Lengauer wurmte das, „aber wir mussten uns in diesen zwei Spielen erst mal in unserem neuen Innenblock finden“, erinnerte er an den Corona-bedingten Ausfall von Dennis Wulf.

Der zweite Abschnitt begann mit wieder bissigeren Löwen – in den ersten drei Minuten ohne Gegentor. Doch die Gastgeber arbeiteten sich vor 80 Zuschauern zurück auf 20:21. Lengauer konterte fein, indem er die Kugel über den starken Delmenhorster Keeper Sönke Schröder in den Kasten legte (44.) – aber das war der letzte Gästetreffer für gut elf Minuten, in denen Schröder fünf seiner neun Paraden zeigte. „Zum Schluss haben wir einige Bälle weggeworfen und Fehler gemacht“, haderte Quader. Dennoch „war dieser starke Auftritt wichtig für den Kopf“. Lengauer, mit einer schweren Wadenprellung aus dem Oldenburg-Spiel ebenfalls bandagiert auf der Platte, nannte die Geschlossenheit als Beispiel: „Jeder hat sich auf dem Feld zerrissen. Aber man hat schon in der Trainingswoche gesehen: Alle haben wieder Bock.“

HSG Delmenhorst – HSG Hunte-Aue Löwen 30:25 (14:17)

Hunte-Aue Löwen: Biras – Wilkens, Steinke, Pishchukhin (2), Lengauer (3), Linné (7), Quader (1/1), Pernar (3/1), Abram (5), Heemann (4). Zeitstrafen: Delmenhorst 2, Löwen 2; Siebenmeter: Delmenhorst 1/0, Löwen 3/2. Schiedsrichter: Manuel Morgenstern (TuS Syke) und Felix Zudse (TuS Rotenburg), entspannte, kommunikative Referees, ließen viel laufen und kamen mit wenig Strafen aus. Zuschauer: 80.