Quelle: Kreiszeitung vo 14.2.23 ( Fabian Terwey)

Umringt von ihren Teamkolleginnen, griff Jessica Michel vorm Spiel zu ihrem Handy. Die Torhüterin des Handball-Oberligisten HSG Hunte-Aue Löwen wählte vor der Heimpartie gegen den Wilhelmshavener HV die Nummer von Lea Hillmer. Die Kapitänin des neuen Tabellenzweiten befand sich während des traditionellen Fokuskreises, den das Team vor jedem Spiel zum Einschwören abhält, noch im Auto auf dem Weg zur Diepholzer Mühlenkamphalle. Grund für die angekündigte Verspätung war eine Fortbildung zur Gesundheitsberaterin und Patientenmanagerin in Düsseldorf, die die Physiopraxismanagerin derzeit an den Wochenenden absolviert. Die Ansprache an das Team sollte Hillmer trotz ihrer Abwesenheit halten. Michel stellte ihr Smartphone auf laut, Hillmer fuhr rechts ran und redete ihren Kolleginnen gut zu. Folge war ein 29:24 (15:12)-Heimsieg, bei dem sich Hillmer mit acht Toren zur Spielerin des Wochenendes krönte.

Diepholz – „Ich war 20 Minuten vor der Partie in der Halle und habe mich vorm Einlaufen schnell noch aufgewärmt“, berichtet die 25-Jährige: „Das gemeinsame Umziehen und Musikhören habe ich leider verpasst.“

Lea Hillmer und Karla Witte beste Schützinnen

Nach dem „Kaltstart“ kam die Rückraum-Shooterin aber schnell auf Touren, schraubte sich vor den 250 Zuschauern ein ums andere Mal sprunggewaltig in die Höhe und dübelte den Ball über die gegnerische Deckung hinweg in die Ecken des Tores. Achtmal erfolgreich – so wie die Cloppenburgerin – war an diesem Abend nur noch Tormaschine Karla Witte.

„Kopf und Herz des Teams“

„Lea ist nicht nur eine Bank im Innenblock, sondern hat auch einen Monsterwurf – hart und platziert“, lobt Trainerin Medea Mosel: „Als Käpt’n ist sie zudem Kopf und Herz des Teams. Sie trägt die Mannschaft – und alle sind ruhiger, wenn sie da ist.“ Für Mosel und ihren Kollegen Klaus Klostermann ist Hillmer aber nicht nur Spielerin, sondern auch Partnerin im Trainerteam. Während Mosel die Dienstags- und Klostermann die Donnerstagseinheit leitet, übernimmt Hillmer das Freitagstraining. „Sie ist sehr zuverlässig und hat eine super nette Art. Im Spiel ist sie gegenüber Gegnerinnen – sagen wir mal – extrem präsent“, meint Mosel.

Blaue Flecken nach dem Verfolgerduell

Im Verfolgerduell mit Wilhelmshaven holte sich Hillmer so einmal mehr „ein paar blaue Flecken“ ab – am Oberarm, an der Hand und am Oberschenkel. „Das gehört dazu“, sagt die Anführerin – genauso wie das „private Krafttraining mit Bändern und Gewichten“, mit dem sich Hillmer stählt: „Wir sind da alle stärker geworden. Das liegt daran, dass wir mit Medea ins Fitnessstudio gehen.“

Mentaltraining macht Kapitänin besser

Auch Mentaltrainerin Daniela Preen habe Hillmer besser gemacht: „Ihr ist bei den Spielen aufgefallen, dass meine Bewegung in der Wurfvorbereitung immer gleich war. Jetzt bin ich flexibler, reagiere auch darauf, was der Gegner macht.“ Ein Gespräch mit der Tochter des Sportlichen Leiters Ulrich Preen finde bis zu zweimal im Monat statt. „Ich habe zwei Freundinnen, die in Deutschland und in Österreich in der ersten Liga Fußball spielen. In ihren Vereinen haben sie so etwas nicht“, berichtet Hillmer: „Wir sind da enorm gut aufgestellt.“

„Es war irreal, als wir Tabellenführer waren“

Auch ein Motto haben die Löwinnen: „One Team, one dream.“ An das erinnerte Hillmer in ihrer Ansprache vorm Wilhelmshaven-Spiel. Eine Mannschaft, ein Traum – vom zweiten Aufstieg in Folge? „Nein, so ist es nicht gemeint. Es war irreal, als wir Tabellenführer waren“, erklärt Hillmer: „Unsere Vorstellung ist, dass uns andere Mannschaften auf dem Zettel haben. Wir denken von Spiel zu Spiel.“

Der Spieltagskaffee muss sein – meist auf der Fahrt zur Halle.

Lea Hillmer über ihr Ritual vor den Spielen mit den Löwinnen