Quelle: Kreiszeitung v. 8.3.22 ( Malte Rehnert)

An den 24. September 2021 erinnert sich Julian Wilkens noch gut. An diesem Freitagabend bestritt der Linksaußen gegen den Elsflether TB sein erstes Pflichtspiel für den Oberligisten HSG Hunte-Aue Löwen – und erlebte beim 26:26 mit dem Ausgleich in letzter Sekunde durch Yury Pishchukhin direkt einen Handball-Krimi. In den Wochen danach sorgte der ehemalige Sulinger mit starken Leistungen und vielen Toren für Aufsehen. Doch in diesem Jahr läuft noch nicht viel zusammen, von seiner Top-Form ist der 31-Jährige weit entfernt.

Diepholz – 0, 2, 0, 1 – das war seine bescheidene Torausbeute in den ersten vier Partien 2022. Vor dem Rückspiel in Elsfleth am Mittwochabend (20.00 Uhr) erklärt Wilkens seine Schwächephase – und schaltet zurück in den Angriffsmodus.

Man kann bei ihm durchaus von einem vermaledeiten Februar sprechen. „Es war quasi ein Rundumschlag. Da gab es einige Dinge, die ein wenig den Fokus vom Handball genommen, mich sehr beschäftigt und zurückgeworfen haben“, gesteht Wilkens. Zum Beispiel das Jogging-Malheur. Auf einer Laufrunde trat er in ein Loch, zwei von drei Außenbändern am Sprunggelenk des linken Fußes rissen. Mit Tape und Bandagen kann er jedoch einigermaßen gut weiterspielen. Zudem erwischte ihn Anfang Februar das Corona-Virus. „Ein komplett milder Verlauf, aber 15 Prozent der Ausdauer hat es schon gekostet“, schätzt Wilkens, der in dieser Hinsicht mittlerweile keine Probleme mehr habe.

Wilkens verdingte sich als Kabelschlepper

Mental beschäftigte ihn auch noch ein bevorstehender Jobwechsel und der Hausbau in seiner Heimatstadt Twistringen, bei dem nicht alles nach Plan lief. „Weil die Decke kam, mussten wir innerhalb von zwei Tagen die komplette Elektronik legen“, erzählt Wilkens, der sich dabei hauptsächlich als Kabelschlepper verdingte. „Verzögerungen am Bau kosten Nerven“, stöhnt er.

Doch nun ist der Februar vorbei – und neue Energie, neue Zuversicht da. Dabei half auch ein Gespräch mit Löwen-Trainer Heiner Thiemann am vergangenen Wochenende. „Heiner hat sich erkundigt und mir sein vollstes Vertrauen ausgesprochen. Das hat sehr gut getan“, sagt Wilkens: „Vorher habe ich viel mit mir selbst ausgemacht.“ Thiemann mag die Wirkung der Unterredung nicht überbewerten: „So etwas ist natürlich kein Zaubermittel.“ Er freut sich aber über Wilkens’ Offenheit („das schafft Vertrauen“) und urteilt ebenfalls: „Es war ein gutes, wohltuendes Gespräch.“

„Jetzt beginnt für uns die Crunchtime“

Und vielleicht trägt es ja dazu bei, dass Wilkens fortan wieder etwa unbeschwerter in den gegnerischen Kreis fliegt – wie am Ende des vergangenen Jahres. Klar, die Kontrahenten kennen ihn und seine Wurfbilder inzwischen besser, was es für ihn schwieriger macht. Der Fluch der guten Spiele sozusagen. Doch mit voller Konzentration und Dynamik dürfte es ihm gelingen, zu alter Stärke zu finden. An der Motivation mangelt es jedenfalls nicht. Wilkens betont: „Ich habe wieder richtig Bock auf Handball. Und jetzt beginnt für uns die Crunchtime.“

Achtmal auswärts

Für die Hunte-Aue Löwen ist Halbzeit in der Handball-Oberliga. Zwölf von 24 Spielen sind absolviert, dabei sprangen neun Punkte heraus – ausbaufähig. Aktuell steht die Mannschaft auf Platz zehn, einen Rang über Gegner Elsflether TB (7). Am Mittwochabend kommt es also zu einem echten Kellerduell. Besonders zu beachten ist sicher ETB-Torjäger Florian Doormann, mit 88 Treffern momentan bester Oberliga-Schütze. Ihn zu bremsen, „müssen wir im Kollektiv lösen“, fordert Löwen-Trainer Heiner Thiemann, der mahnt: „Sie haben aber auch noch andere gute Leute und sind sehr heimstark.“

Nicht gerade gute Vorzeichen für die HSG, die in fremden Hallen erst ein Unentschieden holte, dreimal verlor – und noch gar nicht gewann. Und der Spielplan hat es in sich: Achtmal haben die Löwen bereits zu Hause gespielt, erst viermal auswärts. Und in der zweiten Saisonhälfte ist es nun genau andersrum. Thiemann spricht von einer Herausforderung und hofft, „dass wir uns freischwimmen und auch auswärts punkten“.