Löwen-Kreisläufer wechselt nach Irland: Tschüss, Barnstorf – Hello, Dublin!

  • Datum: 27. September 2020
  • Quelle: https://www.kreiszeitung.de/

  • Autor: Matthias Borchardt

Familienbild zum Abschied aus Barnstorf: Kreisläufer Andrius Gervé von der HSG Hunte-Aue Löwen im grünen Trikot der Rugby-Nationalmannschaft Irlands mit seiner Ehefrau Neringa sowie den zwei Kindern Teja (l.) und Tajus (r.) im Wohnzimmer der Doppelhaushälfte.
  • Foto: Borchardt

Barnstorf – Im Wohnzimmer der Doppelhaushälfte in Barnstorf stehen mehrere große und leere Kartons – wird da renoviert? Nein! Familie Gervé bereitet ihren Umzug nach Irland vor. Vater Andrius wird dann nicht mehr als Kreisläufer für Handball-Oberligist HSG Hunte-Aue Löwen auflaufen. Am Dienstag, 11. August, fliegt der 34-Jährige von Hamburg nach Dublin, macht sich auf die Suche nach einer Wohnung. Nach zehn Jahren in Barnstorf bricht er seine Zelte in Deutschland ab.

Der Diplomsportlehrer hatte sich bei verschiedenen Schulen beworben, weilte bereits vergangenes Jahr in den Herbstferien für ein Vorstellungsgespräch in Dublin. Er hätte sofort anfangen können, aber das ging dem Litauer dann doch zu schnell. Er blieb jedoch mit den Verantwortlichen in Kontakt. Gervé musste noch einiges klären, doch in diesem Jahr machte er Nägel mit Köpfen. Ende August beginnt er beim Castleknock Community College in Dublin (1 300 Schüler im Alter von zwölf bis 18 Jahren) seine neue Stelle, arbeitet mit Schülern mit Behinderung. Ziel ist es, sie auch mit Hilfe des Sports zu integrieren.

Szene von seinem letzten Spiel vor der Corona-Pandemie:  Kreisläufer Andrius Gervé (r.) von der HSG Barnstorf/Diepholz steuerte zum 25:21-Erfolg im Kellerduell gegen den TuS Rotenburg sechs Treffer bei. © Freese

Von Barnstorf nach Dublin: Familie Gervé aus Diepholz zieht auf die immergrüne Insel Irland

Gervé zieht mit seiner Frau Neringa sowie den Kindern Tajus (6) und Teja (4) nach Dublin. „Wir wollen das ausprobieren, zumal Irland ein schönes Land ist“, unterstreicht der frühere litauische Nationalspieler. Seine 33-jährige Ehefrau Neringa lässt sich überraschen: „Ich weiß nicht, wie es weiterläuft. Ich freue mich aber auf meine Schwester Gintare.“ Die 35-Jährige lebt mit ihrer Familie in Newbridge.

Corona-Pandemie, anderes Land, neue Aufgabe – Gervé beschäftigt sich derzeit mit vielen Dingen, Handball sei aber weit weg. Er konzentriert sich zunächst voll auf seinen Beruf: „Ich bin sehr motiviert, freue mich auf eine interessante Aufgabe. Ich unterrichte gerne Kinder und möchte meine Ideen verwirklichen.“

Gervé hat zehn Jahre beim Schulverbund Freistatt als Diplomsportlehrer gearbeitet und sich zunächst einmal für ein Jahr freistellen lassen. „Ich muss sehen, ob ich da beruflich weitermache. Es gibt beim Castleknock Community College für mich viel zu tun, ich konzentriere mich auf meine Arbeit“, sagt der Sportler, der im Handball die C-Lizenz hat und außerdem noch über die Personal-Trainer-Lizenz verfügt. Eines freut ihn besonders: „Heiner Thiemann unterstützt mich, ich kann zurück.“ Der 68-Jährige ist Schulleiter in Freistatt – somit sein Chef. Außerdem kennt der Handballer ihn als seinen langjährigen Coach.

Thiemann holte Gervé im August 2010 von RK Granitas Kaunas (war Vertragsspieler) zur HSG Barnstorf/Diepholz. Am 18. September gab der Kreisläufer im Spiel der Dritten Liga West beim TV Aldekerk 07 sein Debüt, steuerte zum 34:33-Erfolg fünf Tore bei. Seine Landsmänner Sigitas Stropus und Saulius Liutikas unterstützten ihn und erleichterten ihm somit die Eingewöhnungsphase. Der Akteur mit der Lieblingsnummer 33 (zuletzt war es die 55) entwickelte sich handballerisch weiter, gehörte von 2013 bis 2017 zur litauischen Nationalmannschaft. Eine lädierte Schulter des rechten Wurfarms (kurierte Verletzung nicht richtig aus) und ein Knorpelschaden im rechten Knie setzten ihm zwischenzeitlich zu.

Der 1,88 Meter große und 92 Kilogramm schwere Gervé erlebte bei der HSG Barnstorf/Diepholz Höhen und Tiefen. In der Saison 2012/2013 wurde er mit 232/108 Treffern Torschützenkönig in der Oberliga Nordsee. Nach sieben Jahren verließ er den Verein, wechselte im Juli 2017 zum Verbandsligisten Tvd Haarentor Oldenburg. Sein litauischer Freund Vaidas Dilkas war dort damals Trainer. Am 2. Februar 2018 verletzte sich Gervé in der Heimpartie gegen die HSG Grüppenbühren/Bookholzberg (26:22), zog sich im rechten Handgelenk einen Haar- und Bänderriss und im linken Handgelenk einen Bänderriss zu. Später ließ sich der abwehrstarke Kreisläufer an der linken Hand operieren, fiel einige Wochen aus.

Der Kontakt zur HSG Barnstorf/Diepholz riss schon wegen seiner Landsleute Donatas Biras, Tomas Lenkevicius und Saulius Liutikas nicht ab, so holte Thiemann den zweifachen Vater zur Spielzeit 2019/2020 zurück zum Oberligisten. Und wurde vom Routinier nicht enttäuscht: „Er hat uns weitergeholfen.“

Thiemann schätzt Gervé sehr: „Ich habe von Andrius immer viel gehalten, konnte mich auf ihn verlassen. Er ist sehr einsatzbereit und wissbegierig, hat sich auch von Verletzungen nicht bremsen lassen. Er war schon damals in der Dritten Liga eine Stütze bei uns, ein cleverer Handballer. Andrius ist aus handballerischer und beruflicher Sicht ein Verlust für uns.“

Auch Mannschaftskapitän Cedric Quader äußert sich positiv über seinen Mitspieler: „Andrius war und ist immer noch ein vorbildlicher Sportler. Er verfügt über eine unglaubliche Disziplin und hat selbst nach dem Training immer noch individuell trainiert. Davon könnte sich so mancher eine Scheibe abschneiden. Er hat auf dem Spielfeld immer alles für seine Mannschaft gegeben und bis zum Ende gekämpft. Ich habe es immer gemocht, mit ihm zusammen in der Deckung zu stehen – die Gegenspieler meistens nicht so. Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute für seine Zukunft. Er ist beim Training immer herzlich willkommen, um die eine oder andere Runde Kontaktball mitzuspielen.“

Gervé, der Litauisch, Russisch, Englisch und Deutsch spricht, fällt der Abschied nicht leicht: „Ich hatte eine tolle Zeit in Barnstorf, bin dankbar dafür. Ich habe sehr viel gelernt, meine Kinder sind hier aufgewachsen. Ich werde das alles vermissen, natürlich auch den Handball.“ In Irland ist diese Mannschaftssportart nicht so populär, da liegen in der Beliebtheitsskala Hurling, Gaelic Football und Rugby vorn. Wer weiß: Vielleicht entdeckt der Litauer in einem neuen Land auch eine neue Sportart für sich – ein grünes Trikot der irischen Rugby-Nationalmannschaft trägt er bereits.

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2020-10-06T00:05:38+02:00

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