Quelle: Kreiszeitung vom 13.2.23

Lina Witte tankte sich über links durch, doch der Wilhelmshavener HV stoppte ihren Lauf in Richtung Tor unsanft. Erst den Ellbogen, dann die Faust ihrer Gegnerin im Gesicht, knallte die Rückraumspielerin der HSG Hunte-Aue Löwen vier Minuten vor Schluss mit ihrem Kopf gegen den ihrer zweiten Kontrahentin – und schließlich zu Boden. Folge: Angeknockt, endete der Samstagabend ohne weitere Einsatzzeit für die Oberliga-Handballerin, Gäste-Spielerin Emma Neumann kassierte zwei Minuten und die aufgebrachten 250 Zuschauer in der Diepholzer Mühlenkamphalle kochten vor Wut. Das Verfolgerduell zwischen den HSG Lady Lions und dem WHV hatte es in sich. Am Ende bissen sich die Löwinnen durch und feierten einen 29:24 (15:12)-Heimsieg.

Diepholz – „Und Oyten hat verloren“, rief Kim Klostermann nach dem neunten Erfolg im neunten Heimspiel Kapitänin Lea Hillmer zu. Die Kreisläuferin hatte einen Blick auf den Ergebnisdienst auf dem Smartphone geworfen. Das 24:29 des Konkurrenten im Parallelspiel in Hollenstedt bedeutete für die bei Pizza feiernde HSG den Sprung von Platz drei auf zwei.

Handball-Oberliga Frauen: HSG Hunte-Aue Löwen – Wilhelmshavener HV 29:24 (15:12)

Löwinnen: Michel, Winkler – Bahr, Matos Ferreira (2), Gläser (2), Kambacheva, Greiner, L. Witte (1), Scheper (2), Hillmer (8), K. Witte (8/2), Meyer, Klostermann (6) – Zeitstrafen: HSG 4, WHV 3; Siebenmeter: HSG 3/2, WHV 4/3. Schiedsrichter: Simon Idel/Arne Sobotta ließen durchgängig viel laufen, zogen sich damit zeitweise den Unmut der Zuschauer zu.

Erst eine Woche zuvor hatte der Aufsteiger die kurzzeitige Tabellenführung durch das 25:28 in Osnabrück abgegeben. „Ich war heute sehr aufgeregt, weil wir letzte Woche verloren hatten“, verriet Torhüterin Jessica Michel: „Als Spitzenreiter wurden wir von jedem darauf angesprochen. Da haben wir uns vielleicht alle zu viele Gedanken und Druck gemacht. Heute waren wir aber sehr fokussiert. Und ich bin nach den ersten Paraden auch ruhiger geworden.“

Trainerlob für Torhüterin Jessica Michel

Von Trainerin Medea Mosel gab es gar ein Sonderlob: „Jess hat unglaublich gut gehalten.“ Michel parierte neben einem Siebenmeter etliche Male im Eins-gegen-eins, kratzte die Bälle mit Füßen und Händen reflexartig aus den Ecken ihres Tores und warf sich unerschrocken den Gegnerinnen entgegen.

Löwinnen beweisen mentale Stärke

So trug Michel dazu bei, dass der anfängliche Rückstand nicht noch höher ausfiel. Bis zum 7:7 von Madeline Matos Ferreira (15.) hatten die Löwinnen zurückgelegen. „Zu Saisonanfang hätte uns das noch rausgebracht, jetzt nicht mehr“, sagte Hillmer und bezog sich dabei auf zunehmende Oberliga-Erfahrung und das regelmäßige Mentaltraining.

Plötzlich in Rückstand kurz vor Schluss

Nachdem die Führung dann mehrfach hin- und hergewechselt war, schien die durchsetzungsstarke Kim Klostermann mit dem 20:15 (41.) die Partie vorentschieden zu haben. Doch Neumann drehte das Match für Wilhelmshaven plötzlich auf 22:21 (50.). Hillmer antwortete trocken per Doppelschlag, die HSG zog wieder davon.

„Richtig gut aus dem Rückraum geschossen“

„Es war klar, dass es ein hartes Stück Arbeit wird“, sagte Coach Klaus Klostermann. „Ein Kampf – über 60 Minuten“, meinte Hillmer. „Der Gegner ist unfassbar athletisch“, nannte Mosel einen Grund, warum das typische Tempospiel diesmal hakte: „Dafür hat Lea richtig gut aus dem Rückraum geschossen.“

Hillmer mit Karla Witte beste Werferin

Mit acht Toren war die Kapitänin gemeinsam mit Karla Witte beste Schützin des Abends. Das Kraftpaket war für Wilhelmshaven kaum zu stoppen, hämmerte die Bälle unhaltbar in die Maschen, bekam aber auch etwas ab. „Teilweise war es zu viel, aber grundsätzlich kommt uns das entgegen, weil auch wir gerne hart spielen“, sagte Hillmer zur Gangart.

Entwarnung bei Lina Witte

Mosel gab derweil Entwarnung bei Witte: „Lina war ein wenig schwindelig. Was genau sie hat, können wir noch nicht sagen. Aber es ist nichts Schlimmeres.“