Quelle: Kreiszeitung vom 21.3.22 (Cord Krüger)

Oldenburg – Noch ein Tor, noch einmal zurückrennen – das war’s. Als Kevin Heemann seinen siebten Treffer erzielt hatte, blieb es im Lager der HSG Hunte-Aue Löwen mucksmäuschenstill. Auch der Rechtsaußen selbst zeigte außer seinem x-ten Sprint durch die Halle des Schulzentrums Eversten keinerlei Regung. Denn dieser Treffer zum 24:28 (10:17)-Endstand beim TvdH Oldenburg bedeutete nichts weiter als die dritte Niederlage seiner Oberliga-Handballer hintereinander, die zweite in nur drei Tagen nach dem 22:25 am Freitagabend gegen Beckdorf (wir berichteten).

Trotzdem sah Trainer Heiner Thiemann „wieder einen Schritt nach vorn“ und musste dabei gequält lächeln: „Wir wussten vorher, dass wir bei dieser Spitzenmannschaft nur gewinnen konnten – wenn auch nicht an Punkten. Wir haben uns hier gut aus der Affäre gezogen.“ Unter anderem erkannte der 70-Jährige Steigerungen bei den jungen Rückraumakteuren Luis Lengauer und Max Wiese: „Sie haben sich gefährlicher gemacht.“ Zudem lobte er Heemann für dessen bessere Quote: „Insgesamt haben wir die gegnerische Abwehr auf breiterer Front belastet.“

Was hingegen gleich blieb im Vergleich zu den vorherigen Partien, war das komplett unterschiedliche Bild des Tabellenzehnten vor und nach der Pause. Das gab auch Patryk Abram zu denken: „Ich weiß nicht, warum wir in der ersten Halbzeit nicht so spielen wie in der zweiten“, rätselte der Linksaußen: „So eine Leistung müssen wir von der ersten Minute bringen.“

Spieler des Spiels: Kevin Heemann

Flink unterwegs und meistens eiskalt vor dem Tor: Der Löwen-Rechtsaußen erzielte fünf seiner sieben Treffer mit schnellen Tempogegenstößen, arbeitete zudem wieder griffig in der Abwehr.

Doch nach Wieses 1:0 (1.) und der anschließenden Parade von Frederik Hohnstedt liefen die Löwen nur der Musik hinterher. Kapitän Cedric Quader kassierte schnell seine erste Zeitstrafe (2.) – „zu früh“, wie Thiemann fand: „Der Gegner muss nur das Fallen ein bisschen besser lernen.“ Marko Pernar warf anschließend erst vorbei, dann an die Latte (3.) und schließlich in Oldenburgs starken Mittelblock (6.). Damit schien dem Regisseur zeitig der Zahn gezogen. Denn zu allem Überfluss vergab der sichere Schütze auch noch einen Siebenmeter (10.). Zu dieser Zeit hatten die Hausherren bereits mit 7:3 geführt und die Fahrigkeiten der Gäste schonungslos ausgenutzt. Etwa bei einem zu laschen Abspiel, das Oldenburgs heraus geeilter Keeper Jannik Rohde außerhalb seiner Neunmeterlinie abfing und zum Gegenstoß veredelte (15.). Über 11:5 zog der TvdH auf 13:6 (19.) davon. „Wir brauchten ein bisschen, um den Gegner zu lesen“, umschrieb Thiemann diese Phase. Danach hatte sich sein Team gefangen: Pernars nächster Siebenmeter passte zum 7:13 (22.), Heemann holte aus einem Tempogegenstoß das 8:13 samt Zeitstrafe gegen Aljoscha Mick heraus, und Jan Linné hämmerte die Kugel von rechtsaußen unten links neben den Innenpfosten zum 9:13 ein. Trotzdem warf der Favorit bis zur Pause einen komfortablen Vorsprung heraus – auch während der zweiten Zwei-Minuten-Strafe gegen den beherzt zupackenden Quader (29.).

TvdH Oldenburg – HSG Hunte-Aue Löwen 28:24 (17:10)

Löwen: Hohnstedt, Biras (1) – Varela, Wilkens (3), Lengauer, Linné (3), Quader (2/2), Pernar (5/3), Abram (2), Wiese (1), Wulf, Heemann (7). Siebenmeter: Oldenburg 3/3, Löwen 7/5; Zeitstrafen: Oldenburg 5, Löwen 6. Bes. Vork: Rote Karte gegen Quader/48./dritte Zeitstrafe). Schiedsrichter: Georg Hesselbarth (SG Sellstedt) und Stefan Schminke (TV Bremen-Walle), anfangs und am Ende teils kleinlich, dazwischen ruhige und seriöse Spielleitung. Zuschauer: 200.

Nach dem Wechsel hielten die Oldenburger den Vorsprung bis zum 19:12, ehe die HSG eine unterhaltsame Aufholjagd startete. Sie begann mit der Parade von Donatas Biras (ab Minute 24 für Hohnstedt im Kasten), die der Keeper geistesgegenwärtig zu seinem weiten Wurf ins leere Tor nutzte (14:19/36.). Pernar legte aus der Hüfte zum 15:19 nach, und Heemanns 18:20 (45.) bedeutete den knappsten Abstand. „Da haben wir auch in der Abwehr gut gearbeitet, den Gegner durch technische Fehler und Schlafmützigkeit aber wieder ins Spiel gebracht“, rügte Thiemann. Seinem Kapitän Quader machte er für dessen dritte Zeitstrafe und die daraus resultierende Rote Karte (48.) allerdings keinen Vorwurf.

Thiemann lobt seinen Rumpfkader: „Mannschaft ist fit“

So enteilte der TvdH auf 24:19 (51.). Linksaußen Julian Wilkens verkürzte (kurioserweise von rechts) zwar noch mal zum 22:27 (58.) und auf 23:27 (58.), nach Abrams Zeitstrafe hatte der mit nur zehn Feldspielern angereiste Löwen-Rumpfkader (siehe Extra-Text) jedoch nicht mehr viel entgegenzusetzen. „In dieser knappen Besetzung hat die Mannschaft aber gezeigt, dass sie fit ist und genügend Körner hat“, urteilte Thiemann: „Arbeiten müssen wir noch an den technischen Fehlern.“

Bleibt noch Zeit? Abram: „Klar!“

Bleibt dazu angesichts des straffen Nachholspiel-Pensums Zeit? „Klar!“, versicherte Abram: „Nach jedem Spiel ist wieder Training.“

Jetzt hat‘s auch Keeper Kowalski erwischt

Wie am Freitagabend während der Niederlage gegen Beckdorf fehlten der HSG Hunte-Aue Löwen am Sonntag im Auswärtsspiel beim Oberliga-Vierten TvdH Oldenburg die verletzten Rückraumakteure Stefan Beljic (Leistenbeschwerden) und Yury Pishchukhin (muskuläre Probleme). „Das hat man natürlich gemerkt – vor allem in der Abwehr“, bedauerte Löwen-Trainer Heiner Thiemann. Zusätzlich treibt ihn jetzt die Sorge um Keeper Peter Kowalski um, „auch wenn ich bei den Torhütern die wenigsten Bedenken habe“.

Der 20-Jährige hatte sich am Freitagabend beim Aufwärmen vor der 22:25-Heimniederlage gegen den SV Beckdorf am hinteren Oberschenkel verletzt – „ähnlich wie damals Donatas Biras“, erklärte der HSG-Coach mit Blick auf seinen erst jetzt, nach fast sechs Monaten wieder fitten Torhüter. Ob es wirklich so schlimm ist wie beim 40-Jährigen und dessen Sehnenabriss, sollen nähere Untersuchungen Anfang dieser Woche ergeben. ck